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Pünktliche Zahlungen

Wir bekämpfen die Zahlungsverzüge im Geschäftsverkehr

Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (Neufassung) (Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses [1],
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren [2],

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr [3] muss in wesentlichen Punkten geändert werden. Aus Gründen der Klarheit und der Vereinfachung sollten die entsprechenden Bestimmungen neu gefasst werden.

(2) Für die meisten Waren und Dienstleistungen erfolgen die Zahlungen im Binnenmarkt zwischen Wirtschaftsteilnehmern einerseits und zwischen Wirtschaftsteilnehmern und öffentlichen Stellen andererseits im Wege des Zahlungsaufschubs, wobei gemäß den Vereinbarungen der Vertragsparteien, der Lieferantenrechnung oder den gesetzlichen Bestimmungen der Leistungserbringer seinem Kunden einen gewissen Zeitraum zur Begleichung der Rechnung einräumt.

(3) Viele Zahlungen im Geschäftsverkehr zwischen Wirtschaftsteilnehmern einerseits und zwischen Wirtschaftsteilnehmern und öffentlichen Stellen andererseits werden später als zum vertraglich vereinbarten oder in den allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegten Zeitpunkt getätigt. Trotz Lieferung der Waren oder Erbringung der Leistungen werden viele Rechnungen erst lange nach Ablauf der Zahlungsfrist beglichen. Ein derartiger Zahlungsverzug wirkt sich negativ auf die Liquidität aus und erschwert die Finanzbuchhaltung von Unternehmen. Es beeinträchtigt außerdem die Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Unternehmen, wenn der Gläubiger aufgrund eines Zahlungsverzugs Fremdfinanzierung in Anspruch nehmen muss. Das Risiko solcher Beeinträchtigungen nimmt in Zeiten eines Wirtschaftsabschwungs, wenn der Zugang zu Finanzmitteln besonders schwierig ist, erheblich zu.

(4) Die juristische Durchsetzung von Forderungen bei Zahlungsverzug wurde bereits erleichtert durch die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen [4], die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen [5], die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens [6] und die Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen [7]. Gleichwohl ist es erforderlich, ergänzende Bestimmungen festzulegen, um von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr abzuschrecken.

(5) Die Unternehmen sollten in der Lage sein, im gesamten Binnenmarkt unter Bedingungen Handel zu treiben, die gewährleisten, dass grenzüberschreitende Geschäfte nicht größere Risiken mit sich bringen als Inlandsverkäufe. Es käme zu Wettbewerbsverzerrungen, wenn es für den Binnen- und den grenzüberschreitenden Handel Regeln gäbe, die sich wesentlich voneinander unterscheiden.

(6) In ihrer Mitteilung vom 25. Juni 2008 mit dem Titel „Vorfahrt für KMU in Europa — Der „Small Business Act“ für Europa“ betonte die Kommission, dass für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der Zugang zu Finanzierungen erleichtert und ein rechtliches und wirtschaftliches Umfeld für mehr Zahlungsdisziplin im Geschäftsleben geschaffen werden sollte. Es ist zu beachten, dass öffentlichen Stellen diesbezüglich eine besondere Verantwortung zufällt. Die Kriterien für die Definition von KMU sind in der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen [8] festgelegt.

(7) Eine der Schwerpunktmaßnahmen in der Mitteilung der Kommission vom 26. November 2008 mit dem Titel „Europäisches Konjunkturprogramm“ besteht darin, die Verwaltungslast für Unternehmen zu verringern und die unternehmerische Initiative zu fördern, indem unter anderem sichergestellt wird, dass Rechnungen — auch von KMU — über Lieferungen und Dienstleistungen grundsätzlich innerhalb eines Monats bezahlt werden, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden.

(8) Der Anwendungsbereich dieser Richtlinie sollte auf die als Entgelt für Handelsgeschäfte geleisteten Zahlungen beschränkt sein. Diese Richtlinie sollte weder Geschäfte mit Verbrauchern noch die Zahlung von Zinsen im Zusammenhang mit anderen Zahlungen, z. B. unter das Scheck- und Wechselrecht fallende Zahlungen oder Schadensersatzzahlungen einschließlich Zahlungen von Versicherungsgesellschaften, umfassen. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten befugt sein, Schulden auszuschließen, die Gegenstand eines Insolvenzverfahrens, einschließlich eines Verfahrens zur Umschuldung, sind.

(9) Diese Richtlinie sollte den gesamten Geschäftsverkehr unabhängig davon regeln, ob er zwischen privaten oder öffentlichen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen erfolgt, da öffentliche Stellen in großem Umfang Zahlungen an Unternehmen leisten. Sie sollte deshalb auch den gesamten Geschäftsverkehr zwischen Generalunternehmern und ihren Lieferanten und Subunternehmern regeln.

(10) Die Tatsache, dass diese Richtlinie die freien Berufe einbezieht, sollte die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichten, diese für nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallende Zwecke als Unternehmen oder Kaufleute zu behandeln.

(11) Die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt, auf die diese Richtlinie Anwendung findet, sollte auch die Planung und Ausführung öffentlicher Bauarbeiten sowie Hoch- und Tiefbauarbeiten einschließen.

(12) Zahlungsverzug stellt einen Vertragsbruch dar, der für die Schuldner in den meisten Mitgliedstaaten durch niedrige oder nicht vorhandene Verzugszinsen und/oder langsame Beitreibungsverfahren finanzielle Vorteile bringt. Ein durchgreifender Wandel hin zu einer Kultur der unverzüglichen Zahlung, in der auch der Ausschluss des Rechts zur Verzinsung von verspäteten Zahlungen immer als grob nachteilige Vertragsklausel oder Praxis betrachtet wird, ist erforderlich, um diese Entwicklung umzukehren und von der Überschreitung der Zahlungsfristen abzuschrecken. Dieser Wandel sollte auch die Einführung besonderer Bestimmungen zu Zahlungsfristen und zur Entschädigung der Gläubiger für die ihnen entstandenen Kosten einschließen, sowie auch Bestimmungen, wonach vermutet wird, dass der Ausschluss des Rechts auf Entschädigung für Beitreibungskosten grob nachteilig ist.

(13) Daher sollte festgelegt werden, dass die vertraglich vereinbarten Zahlungsfristen zwischen Unternehmen grundsätzlich auf 60 Kalendertage beschränkt sind. Jedoch können Unternehmen unter Umständen längere Zahlungsfristen benötigen, beispielsweise wenn sie ihren Kunden Handelskredite gewähren möchten. Die Vertragsparteien sollten daher weiterhin Zahlungsfristen von mehr als 60 Kalendertagen ausdrücklich vereinbaren können, wenn dies für den Gläubiger nicht grob nachteilig ist.

(14) Im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsvorschriften der Union sollte für die Zwecke dieser Richtlinie die in der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste [9] und die in der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge [10] enthaltene Definition des Begriffs „öffentlicher Auftraggeber“ gelten.

(15) Der gesetzliche Zins für Zahlungsverzug sollte gemäß der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine [11] in Form eines einfachen Zinses auf Tagesbasis berechnet werden.

(16) Durch diese Richtlinie sollte kein Gläubiger verpflichtet werden, Verzugszinsen zu fordern. Diese Richtlinie sollte es einem Gläubiger ermöglichen, bei Zahlungsverzug ohne eine vorherige Mahnung oder eine andere vergleichbare Mitteilung, die den Schuldner an seine Zahlungsverpflichtung erinnert, Verzugszinsen zu verlangen.

(17) Die Zahlung eines Schuldners sollte als verspätet in dem Sinne betrachtet werden, dass ein Anspruch auf Verzugszinsen entsteht, wenn der Gläubiger zum Zeitpunkt der Fälligkeit nicht über den geschuldeten Betrag verfügt, vorausgesetzt, er hat seine gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen erfüllt.

(18) Rechnungen erzeugen Zahlungsaufforderungen und sind wichtige Dokumente in der Kette der Geschäftsvorgänge für die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen, unter anderem zur Festlegung der Zahlungsfrist. Für die Zwecke dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten Systeme fördern, die Rechtssicherheit hinsichtlich des genauen Datums des Eingangs von Rechnungen bei den Schuldnern schaffen, einschließlich im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung, in dem der Eingang von Rechnungen elektronisch nachgewiesen werden könnte und der teilweise durch die Bestimmungen über die Rechnungsstellung, die in der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem [12] enthalten sind, geregelt wird.

(19) Eine gerechte Entschädigung der Gläubiger für die aufgrund eines Zahlungsverzugs des Schuldners entstandenen Beitreibungskosten ist erforderlich, um von der Überschreitung der Zahlungsfristen abzuschrecken. In den Beitreibungskosten sollten zudem die aufgrund des Zahlungsverzugs entstandenen Verwaltungskosten und die internen Kosten enthalten sein; für diese Kosten sollte durch diese Richtlinie ein pauschaler Mindestbetrag vorgesehen werden, der mit Verzugszinsen kumuliert werden kann. Die Entschädigung in Form eines Pauschalbetrags sollte dazu dienen, die mit der Beitreibung verbundenen Verwaltungskosten und internen Kosten zu beschränken. Eine Entschädigung für die Beitreibungskosten sollte unbeschadet nationaler Bestimmungen, nach denen ein nationales Gericht dem Gläubiger eine Entschädigung für einen durch den Zahlungsverzug eines Schuldners entstandenen zusätzlichen Schaden zusprechen kann, festgelegt werden.

(20) Neben einem Anspruch auf Zahlung eines Pauschalbetrages für interne Beitreibungskosten sollte der Gläubiger auch Anspruch auf Ersatz der übrigen, durch den Zahlungsverzug des Schuldners bedingten Beitreibungskosten haben. Zu diesen Kosten sollten insbesondere Kosten zählen, die dem Gläubiger durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens entstehen.

(21) Diese Richtlinie sollte das Recht der Mitgliedstaaten, höhere und daher für den Gläubiger günstigere Pauschalbeträge als Entschädigung für Beitreibungskosten festzulegen oder diese Beträge zu erhöhen — unter anderem um mit der Inflation Schritt zu halten — nicht berühren.

(22) Diese Richtlinie sollte Raten- oder Abschlagszahlungen nicht ausschließen. Jedoch sollten sämtliche Raten oder Zahlungen nach den vereinbarten Bedingungen gezahlt werden und den in dieser Richtlinie festgelegten Bestimmungen für Zahlungsverzug unterliegen.

(23) Im Allgemeinen können öffentliche Stellen mit sichereren, berechenbareren und beständigeren Einkünften als Unternehmen rechnen. Ferner werden vielen öffentlichen Stellen Finanzmittel zu günstigeren Bedingungen angeboten als Unternehmen. Zugleich sind öffentliche Stellen in Bezug auf die Verwirklichung ihrer Ziele auch weniger von der Herstellung stabiler Geschäftsbeziehungen abhängig, als dies bei Unternehmen der Fall ist. Lange Zahlungsfristen und Zahlungsverzug öffentlicher Stellen für Waren und Dienstleistungen verursachen ungerechtfertigte Kosten für Unternehmen. Es ist daher angebracht, spezielle Vorschriften für Geschäftsvorgänge einzuführen, bei denen Unternehmen öffentlichen Stellen Waren liefern und Dienstleistungen für sie erbringen, die insbesondere Zahlungsfristen vorsehen sollten, die grundsätzlich 30 Kalendertage nicht überschreiten, es sei denn, im Vertrag wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart, und vorausgesetzt, dies ist aufgrund der besonderen Natur oder der besonderen Merkmale des Vertrags objektiv begründet, und die in keinem Fall 60 Kalendertage überschreiten.

(24) Es sollte jedoch die besondere Situation öffentlicher Stellen berücksichtigt werden, die wirtschaftliche Tätigkeiten industrieller oder kommerzieller Natur ausüben, indem sie als öffentliches Unternehmen Waren und Dienstleistungen auf dem Markt anbieten. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten unter bestimmten Bedingungen die gesetzlich vorgesehene Zahlungsfrist auf bis zu 60 Kalendertage ausdehnen können.

(25) Besonders problematisch im Hinblick auf den Zahlungsverzug ist in einem Großteil der Mitgliedstaaten die Situation im Gesundheitswesen. Die Gesundheitssysteme als grundlegender Bestandteil der sozialen Infrastruktur Europas müssen oft individuelle Bedürfnisse mit den verfügbaren Finanzen in Einklang bringen, da die Bevölkerung Europas altert, die Lebenserwartung steigt und die Medizin Fortschritte macht. Alle Systeme müssen die Herausforderung annehmen, bei der Gesundheitsversorgung in einer Weise Prioritäten zu setzen, dass ein Ausgleich zwischen den Bedürfnissen des einzelnen Patienten und den zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen geschaffen wird. Die Mitgliedstaaten sollten daher öffentlichen Einrichtungen, die Gesundheitsdienste anbieten, bei der Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen ein gewisses Maß an Flexibilität einräumen können. Hierzu sollten die Mitgliedstaaten unter bestimmten Bedingungen die gesetzlich vorgesehene Zahlungsfrist auf bis zu 60 Kalendertage ausdehnen können. Die Mitgliedstaaten sollten dennoch alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen, damit der Gesundheitssektor seinen Zahlungsverpflichtungen innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Zahlungsfristen nachkommt.

(26) Damit die Erfüllung der Ziele dieser Richtlinie nicht gefährdet wird, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Höchstdauer eines Abnahme- oder Überprüfungsverfahrens im Geschäftsverkehr grundsätzlich nicht mehr als 30 Kalendertage beträgt. Dennoch sollte ein Überprüfungsverfahren 30 Kalendertage überschreiten können, beispielsweise bei besonders komplexen Verträgen, wenn dies ausdrücklich im Vertrag und in den Vergabeunterlagen vereinbart ist und sofern dies für den Gläubiger nicht grob nachteilig ist.

(27) Was ihre Finanzierung und geschäftlichen Beziehungen betrifft, befinden sich die Organe der Europäischen Union und die öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten in einer vergleichbaren Situation. Nach der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften [13] muss die Bestätigung, Genehmigung und Zahlung von Ausgaben durch die Organe der Union innerhalb der in den Durchführungsbestimmungen festgelegten Fristen erfolgen. Diese Durchführungsbestimmungen sind gegenwärtig in der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften [14] niedergelegt und bestimmen im Einzelnen die Umstände, unter denen Gläubiger, die Zahlungen zu spät erhalten, Anspruch auf Verzugszinsen haben. Im Rahmen der laufenden Überprüfung der genannten Verordnungen sollte sichergestellt werden, dass die Höchstfristen für Zahlungen der Organe der Union an die gesetzlich vorgesehenen Fristen für öffentliche Stellen gemäß dieser Richtlinie angepasst werden.

(28) Der Missbrauch der Vertragsfreiheit zum Nachteil des Gläubigers sollte nach dieser Richtlinie verboten sein. Wenn sich demzufolge eine Vertragsklausel oder eine Praxis im Hinblick auf den Zahlungstermin oder die Zahlungsfrist, auf den für Verzugszinsen geltenden Zinssatz oder auf die Entschädigung für Beitreibungskosten nicht auf der Grundlage der dem Schuldner gewährten Bedingungen rechtfertigen lässt oder in erster Linie dem Zweck dient, dem Schuldner zusätzliche Liquidität auf Kosten des Gläubigers zu verschaffen, kann dies als ein Faktor gelten, der einen solchen Missbrauch darstellt. In diesem Sinne und entsprechend dem akademischen „Entwurf eines Gemeinsamen Referenzrahmens“ sollte eine Vertragsklausel oder Praxis, die eine grobe Abweichung von der guten Handelspraxis darstellt und gegen den Grundsatz des guten Glaubens und der Redlichkeit verstößt, als nachteilig für den Gläubiger angesehen werden. Insbesondere sollte der vollständige Ausschluss des Anspruchs auf Zinsen immer als grob nachteilig angesehen werden, während vermutet werden sollte, dass der Ausschluss des Rechts auf Entschädigung für Beitreibungskosten grob nachteilig ist. Nationale Vorschriften über den Vertragsabschluss oder die Gültigkeit von Vertragsbestimmungen, die für den Schuldner unbillig sind, sollten von dieser Richtlinie unberührt bleiben.

(29) Im Rahmen der verstärkten Anstrengungen zur Vermeidung des Missbrauchs der Vertragsfreiheit zum Nachteil der Gläubiger sollten die Organisationen, die offiziell als Vertreter von Unternehmen anerkannt sind, und Organisationen, die ein berechtigtes Interesse daran haben, Unternehmen zu vertreten, die nationalen Gerichte oder die Verwaltungsbehörden anrufen können, um die Verwendung von Vertragsklauseln oder Praktiken, die dem Gläubiger gegenüber als grob nachteilig zu betrachten sind, zu beenden.

(30) Um zur Erreichung des Ziels dieser Richtlinie beizutragen, sollten die Mitgliedstaaten die Verbreitung bewährter Praktiken, auch durch die Förderung der Veröffentlichung einer Liste derjenigen, die unverzüglich zahlen, unterstützen.

(31) Es ist wünschenswert, dass sichergestellt ist, dass Gläubiger eine Bestimmung zum Eigentumsvorbehalt auf nichtdiskriminierender Grundlage in der Union insgesamt geltend machen können, falls der Eigentumsvorbehalt gemäß den anwendbaren nationalen Vorschriften, wie sie durch das internationale Privatrecht bestimmt werden, rechtswirksam ist.

(32) Diese Richtlinie definiert den Begriff „vollstreckbarer Titel“, sie sollte jedoch weder die verschiedenen Verfahren der Zwangsvollstreckung eines solchen Titels regeln, noch die Bedingungen, unter denen die Zwangsvollstreckung eines solchen Titels eingestellt oder ausgesetzt werden kann.

(33) Die Folgen des Zahlungsverzugs können jedoch nur abschreckend wirken, wenn sie mit Beitreibungsverfahren gekoppelt sind, die für den Gläubiger schnell und wirksam sind. Nach dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung in Artikel 18 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sollten diese Verfahren allen in der Union niedergelassenen Gläubigern zur Verfügung stehen.

(34) Um die Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie zu erleichtern, sollten die Mitgliedstaaten Anreize zur Inanspruchnahme der Mediation und anderer Formen alternativer Streitbeilegung setzen. Die Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen [15] schafft bereits einen Rahmen für Mediationssysteme auf Unionsebene, insbesondere für grenzüberschreitende Streitfälle, ohne dass dessen Anwendung auf interne Mediationssysteme ausgeschlossen wird. Die Mitgliedstaaten sollten überdies die beteiligten Parteien ermutigen, freiwillige Verhaltenskodizes zu erstellen, die insbesondere darauf abzielen, zur Umsetzung dieser Richtlinie beizutragen.

(35) Es muss gewährleistet werden, dass die Beitreibungsverfahren für unbestrittene Forderungen bei Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr innerhalb eines kurzen Zeitraums abgeschlossen werden, auch im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens und unabhängig von dem Betrag der Geldforderung.

(36) Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Binnenmarkt, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkung besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(37) Die Verpflichtung zur Umsetzung dieser Richtlinie in innerstaatliches Recht sollte nur jene Bestimmungen betreffen, die im Vergleich zu der Richtlinie 2000/35/EG inhaltlich geändert wurden. Die Pflicht zur Umsetzung der inhaltlich unveränderten Bestimmungen ergibt sich aus der genannten Richtlinie.

(38) Diese Richtlinie sollte die Verpflichtung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht und für die Anwendung der Richtlinie 2000/35/EG unberührt lassen.

(39) Nach Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung [16] sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Union eigene Tabellen aufzustellen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

 

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

1. Diese Richtlinie dient der Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr, um sicherzustellen, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert, und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und insbesondere von KMU zu fördern.

2. Diese Richtlinie ist auf alle Zahlungen, die als Entgelt im Geschäftsverkehr zu leisten sind, anzuwenden.

3. Die Mitgliedstaaten können Schulden ausnehmen, die Gegenstand eines gegen den Schuldner eingeleiteten Insolvenzverfahrens, einschließlich eines Verfahrens zur Umschuldung, sind.

 

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1. „Geschäftsverkehr“ Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen, die zu einer Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen;

2. „öffentliche Stelle“ jeden öffentlichen Auftraggeber im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2004/17/EG und von Artikel 1 Absatz 9 der Richtlinie 2004/18/EG, unabhängig vom Gegenstand oder Wert des Auftrags;

3. „Unternehmen“ jede im Rahmen ihrer unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit handelnde Organisation, ausgenommen öffentliche Stellen, auch wenn die Tätigkeit von einer einzelnen Person ausgeübt wird;

4. „Zahlungsverzug“ eine Zahlung, die nicht innerhalb der vertraglich oder gesetzlich vorgesehenen Zahlungsfrist erfolgt ist, sofern zugleich die Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 1 oder des Artikels 4 Absatz 1 erfüllt sind;

5. „Verzugszinsen“ den gesetzlichen Zins bei Zahlungsverzug oder den zwischen Unternehmen vereinbarten Zins, vorbehaltlich des Artikels 7;

6. „gesetzlicher Zins bei Zahlungsverzug“ den einfachen Zins bei Zahlungsverzug, dessen Höhe sich aus dem Bezugszinssatz zuzüglich mindestens acht Prozentpunkten ergibt;

7. „Bezugszinssatz“

a) für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, entweder

i) den von der Europäischen Zentralbank auf ihre jüngsten Hauptrefinanzierungsoperationen angewendeten Zinssatz oder

ii) den marginalen Zinssatz, der sich aus Tenderverfahren mit variablem Zinssatz für die jüngsten Hauptrefinanzierungsoperationen der Europäischen Zentralbank ergibt;

b) für Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, den entsprechenden von ihrer nationalen Zentralbank festgesetzten Zinssatz;

8. „fälliger Betrag“ die Hauptforderung, die innerhalb der vertraglich oder gesetzlich vorgesehenen Zahlungsfrist hätte gezahlt werden müssen, einschließlich der anfallenden Steuern, Gebühren, Abgaben oder Kosten, die in der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung aufgeführt werden;

9. „Eigentumsvorbehalt“ die vertragliche Vereinbarung, nach der der Verkäufer bis zur vollständigen Bezahlung Eigentümer des Kaufgegenstands bleibt;

10. „vollstreckbarer Titel“ Entscheidungen, Urteile oder Zahlungsbefehle — auch vorläufig vollstreckbare — eines Gerichts oder einer anderen zuständigen Behörde, nach denen eine Zahlung unverzüglich oder in Raten zu leisten ist und mit denen der Gläubiger seine Forderung gegen den Schuldner im Wege der Zwangsvollstreckung beitreiben kann.

 

Artikel 3

Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen der Gläubiger Anspruch auf Verzugszinsen hat, ohne dass es einer Mahnung bedarf, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

a) Der Gläubiger hat seine vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt, und

b) der Gläubiger hat den fälligen Betrag nicht rechtzeitig erhalten, es sei denn, dass der Schuldner für den Zahlungsverzug nicht verantwortlich ist.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass folgender Bezugszinssatz angewendet wird:

a) für das erste Halbjahr des betreffenden Jahres der am 1. Januar dieses Jahres geltende Zinssatz;

b) für das zweite Halbjahr des betreffenden Jahres der am 1. Juli dieses Jahres geltende Zinssatz.

(3) Für die Fälle, in denen die in Absatz 1 genannten Bedingungen erfüllt sind, stellen die Mitgliedstaaten Folgendes sicher:

a) Der Gläubiger hat Anspruch auf Verzugszinsen ab dem Tag, der auf den vertraglich festgelegten Zahlungstermin oder das vertraglich festgelegte Ende der Zahlungsfrist folgt.

b) Ist der Zahlungstermin oder die Zahlungsfrist nicht vertraglich festgelegt, so hat der Gläubiger Anspruch auf Verzugszinsen nach Ablauf einer der folgenden Fristen:

i) 30 Kalendertage nach dem Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung beim Schuldner;

ii) wenn der Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung unsicher ist, 30 Kalendertage nach dem Zeitpunkt des Empfangs der Waren oder Dienstleistungen;

iii) wenn der Schuldner die Rechnung oder die gleichwertige Zahlungsaufforderung vor dem Empfang der Waren oder Dienstleistungen erhält, 30 Kalendertage nach dem Zeitpunkt des Empfangs der Waren oder Dienstleistungen;

iv) wenn ein Abnahme- oder Überprüfungsverfahren, durch das die Übereinstimmung der Waren oder Dienstleistungen mit dem Vertrag festgestellt werden soll, gesetzlich oder vertraglich vorgesehen ist und wenn der Schuldner die Rechnung oder eine gleichwertige Zahlungsaufforderung vor oder zu dem Zeitpunkt, zu dem die Abnahme oder Überprüfung erfolgt, erhält, 30 Kalendertage nach letzterem Zeitpunkt.

(4) Ist ein Abnahme- oder Überprüfungsverfahren vorgesehen, durch das die Übereinstimmung der Waren oder Dienstleistungen mit dem Vertrag festgestellt werden soll, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Höchstdauer dieses Verfahrens nicht mehr als 30 Kalendertage ab dem Zeitpunkt des Empfangs der Waren oder Dienstleistungen beträgt, es sei denn im Vertrag wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart und vorausgesetzt, dass dies für den Gläubiger nicht grob nachteilig im Sinne von Artikel 7 ist.

(5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die vertraglich festgelegte Zahlungsfrist 60 Kalendertage nicht überschreitet, es sei denn im Vertrag wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart und vorausgesetzt, dass dies für den Gläubiger nicht grob nachteilig im Sinne von Artikel 7 ist.

 

Artikel 4

Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei Geschäftsvorgängen mit einer öffentlichen Stelle als Schuldner der Gläubiger nach Ablauf der in den Absätzen 3, 4 oder 6 festgelegten Fristen Anspruch auf den gesetzlichen Zins bei Zahlungsverzug hat, ohne dass es einer Mahnung bedarf, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

a) Der Gläubiger hat seine vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt, und

b) der Gläubiger hat den fälligen Betrag nicht rechtzeitig erhalten, es sei denn, der Schuldner ist für den Zahlungsverzug nicht verantwortlich.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass folgender Bezugszinssatz angewendet wird:

a) für das erste Halbjahr des betreffenden Jahres der am 1. Januar dieses Jahres geltende Zinssatz;

b) für das zweite Halbjahr des betreffenden Jahres der am 1. Juli dieses Jahres geltende Zinssatz.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei Geschäftsvorgängen, bei denen der Schuldner eine öffentliche Stelle ist,

a) die Zahlungsfrist keine der folgenden Fristen überschreitet:

i) 30 Kalendertage nach dem Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung beim Schuldner;

ii) wenn der Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung unsicher ist, 30 Kalendertage nach dem Zeitpunkt des Empfangs der Waren oder Dienstleistungen;

iii) wenn der Schuldner die Rechnung oder die gleichwertige Zahlungsaufforderung vor dem Empfang der Waren oder Dienstleistungen erhält, 30 Kalendertage nach dem Zeitpunkt des Empfangs der Waren oder Dienstleistungen;

iv) wenn ein Abnahme- oder Überprüfungsverfahren, durch das die Übereinstimmung der Waren oder Dienstleistungen mit dem Vertrag festgestellt werden soll, gesetzlich oder vertraglich vorgesehen ist und wenn der Schuldner die Rechnung oder eine gleichwertige Zahlungsaufforderung vor oder zu dem Zeitpunkt, zu dem die Abnahme oder Überprüfung erfolgt, erhält, 30 Kalendertage nach letzterem Zeitpunkt;

b) der Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung nicht Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger ist.

(4) Die Mitgliedstaaten können die in Absatz 3 Buchstabe a genannten Fristen für folgende Einrichtungen auf bis zu höchstens 60 Kalendertagen verlängern:

a) sämtliche öffentliche Stellen, die wirtschaftliche Tätigkeiten industrieller oder kommerzieller Natur ausüben, indem sie Waren oder Dienstleistungen auf dem Markt anbieten, und als öffentliches Unternehmen den Transparenzanforderungen gemäß der Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen [17] unterliegen;

b) öffentliche Einrichtungen, die Gesundheitsdienste anbieten und für diesen Zweck ordnungsgemäß anerkannt sind.

Beschließt ein Mitgliedstaat, die Fristen gemäß dem vorliegenden Absatz zu verlängern, so übermittelt er der Kommission bis 16. März 2018 einen Bericht über diese Verlängerung.

Auf dieser Grundlage übermittelt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht, in dem angegeben wird, welche Mitgliedstaaten die Fristen gemäß dem vorliegenden Absatz verlängert haben, und in dem die Folgen für das Funktionieren des Binnenmarktes, insbesondere für die KMU, berücksichtigt werden. Diesem Bericht werden geeignete Vorschläge beigefügt.

(5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Höchstdauer eines der in Absatz 3 Buchstabe a Ziffer iv genannten Abnahme- oder Überprüfungsverfahrens nicht mehr als 30 Kalendertage ab dem Empfang der Waren oder Dienstleistungen beträgt, es sei denn im Vertrag und in etwaigen Vergabeunterlagen ist ausdrücklich etwas anderes vereinbart und vorausgesetzt, dass dies für den Gläubiger nicht grob nachteilig im Sinne von Artikel 7 ist.

(6) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die vertraglich festgelegte Zahlungsfrist nicht die in Absatz 3 genannten Fristen überschreitet, es sei denn im Vertrag ist ausdrücklich etwas anderes vereinbart und dies ist aufgrund der besonderen Natur oder Merkmale des Vertrags sachlich gerechtfertigt, und dass die Zahlungsfrist in keinem Fall 60 Kalendertage überschreitet.

 

Artikel 5

Ratenzahlungen

Diese Richtlinie berührt nicht die Möglichkeit der Vertragsparteien, vorbehaltlich der maßgeblichen Bestimmungen des anwendbaren nationalen Rechts Ratenzahlungen zu vereinbaren. Wird in solchen Fällen eine Rate nicht zu dem vereinbarten Termin gezahlt, so werden die in dieser Richtlinie vorgesehenen Zinsen und Entschädigungen allein auf der Grundlage der rückständigen Beträge berechnet.

 

Artikel 6

Entschädigung für Beitreibungskosten

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in Fällen, in denen gemäß Artikel 3 oder Artikel 4 im Geschäftsverkehr Verzugszinsen zu zahlen sind, der Gläubiger gegenüber dem Schuldner einen Anspruch auf Zahlung eines Pauschalbetrags von mindestens 40 EUR hat.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der in Absatz 1 genannte Pauschalbetrag ohne Mahnung und als Entschädigung für die Beitreibungskosten des Gläubigers zu zahlen ist.

(3) Der Gläubiger hat gegenüber dem Schuldner zusätzlich zu dem in Absatz 1 genannten Pauschalbetrag einen Anspruch auf angemessenen Ersatz aller durch den Zahlungsverzug des Schuldners bedingten Beitreibungskosten, die diesen Pauschalbetrag überschreiten. Zu diesen Kosten können auch Ausgaben zählen, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens entstehen.

 

Artikel 7

Nachteilige Vertragsklauseln und Praktiken

(1) Die Mitgliedstaaten bestimmen, dass eine Vertragsklausel oder eine Praxis im Hinblick auf den Zahlungstermin oder die Zahlungsfrist, auf den für Verzugszinsen geltenden Zinssatz oder auf die Entschädigung für Beitreibungskosten entweder nicht durchsetzbar ist oder einen Schadensersatzanspruch begründet, wenn sie für den Gläubiger grob nachteilig ist.

Bei der Entscheidung darüber, ob eine Vertragsklausel oder eine Praxis im Sinne von Unterabsatz 1 grob nachteilig für den Gläubiger ist, werden alle Umstände des Falles geprüft, einschließlich folgender Aspekte:

a) jede grobe Abweichung von der guten Handelspraxis, die gegen den Grundsatz des guten Glaubens und der Redlichkeit verstößt;

b) die Art der Ware oder der Dienstleistung und

c) ob der Schuldner einen objektiven Grund für die Abweichung vom gesetzlichen Zinssatz bei Zahlungsverzug oder von der in Artikel 3 Absatz 5, Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a, Artikel 4 Absatz 4 und Artikel 4 Absatz 6 genannten Zahlungsfrist oder von dem Pauschalbetrag gemäß Artikel 6 Absatz 1 hat.

(2) Eine Vertragsklausel oder eine Praxis ist als grob nachteilig im Sinne von Absatz 1 anzusehen, wenn in ihr Verzugszinsen ausgeschlossen werden.

(3) Es wird vermutet, dass eine Vertragsklausel oder Praxis grob nachteilig im Sinne von Absatz 1 ist, wenn in ihr die in Artikel 6 genannte Entschädigung für Beitreibungskosten ausgeschlossen wird.

(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass im Interesse der Gläubiger und der Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit die Verwendung von Vertragsbestimmungen und von Praktiken, die grob nachteilig im Sinne von Absatz 1 sind, verhindert wird.

(5) Die in Absatz 4 erwähnten Mittel schließen auch Rechtsvorschriften ein, wonach Organisationen, die offiziell als Vertreter von Unternehmen anerkannt sind, oder Organisationen, die ein berechtigtes Interesse daran haben, Unternehmen zu vertreten, im Einklang mit dem anwendbaren nationalen Recht die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden mit der Begründung anrufen können, dass Vertragsklauseln oder Praktiken grob nachteilig im Sinne von Absatz 1 sind, so dass diese angemessene und wirksame Mittel anwenden können, um deren Verwendung zu beenden.

 

Artikel 8

Transparenz und Aufklärung

(1) Die Mitgliedstaaten stellen die Transparenz der aus dieser Richtlinie erwachsenden Rechte und Pflichten sicher; dazu gehört auch die Veröffentlichung des anwendbaren gesetzlichen Zinssatzes bei Zahlungsverzug.

(2) Die Kommission veröffentlicht im Internet Einzelheiten zu den derzeit in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden gesetzlichen Zinssätzen bei Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr.

(3) Die Mitgliedstaaten greifen gegebenenfalls auf Fachpublikationen, Informationskampagnen oder sonstige geeignete Mittel zurück, um die Rechtsbehelfe gegen Zahlungsverzug zwischen Unternehmen besser bekannt zu machen.

(4) Die Mitgliedstaaten können die Erstellung von Verhaltenskodizes für unverzügliche Zahlungen fördern, in denen klar definierte Zahlungsfristen festgelegt werden und der richtige Umgang mit strittigen Zahlungen erläutert wird; ferner können sie jede Initiative fördern, mit der das drängende Problem des Zahlungsverzugs gelöst und ein Beitrag zur Schaffung einer Kultur der unverzüglichen Zahlung geleistet wird, die das Ziel dieser Richtlinie unterstützt.

 

Artikel 9

Eigentumsvorbehalt

(1) Die Mitgliedstaaten sehen in Einklang mit den anwendbaren nationalen Vorschriften, wie sie durch das internationale Privatrecht bestimmt werden, vor, dass der Verkäufer bis zur vollständigen Bezahlung das Eigentum an Waren behält, wenn zwischen Käufer und Verkäufer vor der Lieferung der Waren ausdrücklich eine Eigentumsvorbehaltsklausel vereinbart wurde.

(2) Die Mitgliedstaaten können Vorschriften verabschieden oder beibehalten, die vom Schuldner bereits geleistete Anzahlungen betreffen.

 

Artikel 10

Beitreibungsverfahren für unbestrittene Forderungen

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein vollstreckbarer Titel — auch durch ein beschleunigtes Verfahren und unabhängig von dem Betrag der Geldforderung — in der Regel binnen 90 Kalendertagen ab Einreichung der Klage oder des Antrags des Gläubigers bei Gericht oder einer anderen zuständigen Behörde erwirkt werden kann, sofern die Geldforderung oder verfahrensrechtliche Aspekte nicht bestritten werden. Die Mitgliedstaaten kommen dieser Verpflichtung im Einklang mit ihren jeweiligen nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach.

(2) Die nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften sehen für alle in der Union niedergelassenen Gläubiger die gleichen Bedingungen vor.

(3) Bei der Berechnung der in Absatz 1 genannten Frist ist Folgendes nicht zu berücksichtigen:

a) die Fristen für Zustellungen,

b) alle vom Gläubiger verursachten Verzögerungen, wie etwa der für die Korrektur von Anträgen benötigte Zeitraum.

(4) Dieser Artikel berührt nicht die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006.

 

Artikel 11

Bericht

Bis 16. März 2016 übermittelt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Durchführung dieser Richtlinie. Dem Bericht werden geeignete Vorschläge beigefügt.

 

Artikel 12

Umsetzung

(1) Die Mitgliedstaaten erlassen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um den Artikeln 1 bis 8 und 10 bis 16. März 2013 nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. In diese Vorschriften fügen sie die Erklärung ein, dass Bezugnahmen in den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf die aufgehobene Richtlinie als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie gelten. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme und die Formulierung dieser Erklärung.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

(3) Die Mitgliedstaaten können Vorschriften beibehalten oder erlassen, die für den Gläubiger günstiger sind als die zur Erfüllung dieser Richtlinie notwendigen Maßnahmen.

(4) Bei der Umsetzung dieser Richtlinie entscheiden die Mitgliedstaaten, ob sie Verträge, die vor dem 16. März 2013 geschlossen worden sind, ausnehmen.

 

Artikel 13

Aufhebung

Die Richtlinie 2000/35/EG wird mit Wirkung vom 16. März 2013 unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht und die Anwendung aufgehoben. Sie bleibt jedoch auf Verträge anwendbar, die vor diesem Zeitpunkt geschlossen wurden und für die die vorliegende Richtlinie gemäß Artikel 12 Absatz 4 nicht gilt.

Verweise auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Verweise auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle im Anhang zu lesen.

 

Artikel 14

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

 

Artikel 15

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 16. Februar 2011.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

J. Buzek

Im Namen des Rates

Der Präsident

Martonyi J.

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